Dokumentation eines Berichtes von
Autor: Jürgen Steinhoff
aus dem Stern vom 27.3.2002 - Nr. 14
Dies ist eine Begebenheit aus der schönen neuen Welt der Telekommunikation. Dort geht es
schnell, flexibel und unglaublich kundenfreundlich zu. Tausendmal besser als vor Jahren bei der
staatlichen Deutschen Bundespost, wo träge Beamte, bar jeden Servicedenkens, das Brief- und
Fernmeldewesen verwesten und es von der Beantragung eines Telefonanschlusses bis zur Bewilligung
Monate dauerte. Heute erteilt der Kunde einen Auftrag, und der wird schwupp, schwupp
erledigt. Diese schöne Erfahrung durfte auch Anita Weinhold aus Berlin machen, als sie im
Juni vergangenen Jahres von der Telekom zur Konkurrenzfirma Otelo wechselte.
FRAU WEINHOLD WAR UNZUFRIEDEN mit ihrem analogen Anschluß an das Internet. Bei
analogen Anschlüssen dauert das Herunterladen von Inhalten auf die Festplatte extrem lange
und kostet entsprechend Telefongebühren. Als Rentnerin hat Anita Weinhold, 70 Jahre alt,
zwar viel Zeit, aber wenig Geld. Da fügte es sich, daß ihr Schwiegersohn eine Anzeige der
Telefonfirma Otelo entdeckte, die für 55,80 Euro (109,14 Mark) Festpreis im Monat einen so
genannten DSL-Anschluß anbot. Damit kann man beliebig lange im Internet herumsausen,
ohne auf die Telefongebühren achten zu müssen. Und die Inhalte, die man sich herunterladen
möchte,tröpfeln nicht mehr quälend langsam, sondern flutschen in Sekundenschnelleaus
dem Netz.Alles zum Festpreis.
Festpreis! Das war's! Da konnten sogar alle mitsurfen, der Schwiegersohn, die Tochter, die
Enkeltocher! Jeder, solange er wollte! Oma Weinhold war begeistert. Sofort rief ihr Schwiegersohn
unter der angegebenen Telefonnummer bei Otelo an und bestellte ein Auftragsformular.
Das kroch schon wenige Minuten später aus dem Faxgerät. Nach wenigen weiteren Minuten
war es ausgefüllt und zurückgefaxt. Wiederum ein paar Minuten später klingelte das
Telefon. Eine Mitarbeiterin der Firma Otelo bedankte sich für den Auftrag. Allerdings, sagte
die nette Dame am Telefon, sei ein nur gefaxter Auftrag nicht rechtskräftig. Man benötige
eine Originalunterschrift. Das sei aber null Problem. Sie werde sofort ein neues Auftragsformular
in die Post geben, das Oma Weinhold noch einmal ausfüllen und per Post zurücksenden
möge.
Am nächsten Morgen war gleich zweimal Post von Otelo im Briefkasten. In dem einen Umschlag
steckte ein Brief von Petra L., der Leiterin Zentralvertrieb, die sich höchstpersönlich
für Oma Weinholds Interesse an Otelo dsl bedankte. In dem anderen Umschlag steckte,
wie tags zuvor am Telefon besprochen, ein neues Auftragsformular, teilweise schon mit
Schreibmaschine ausgefüllt, um Oma Weinhold so viel Arbeit wie möglich zu ersparen.
Besonders nett fand die alte Dame die Mitteilung, daß es zwar bis zur Bereitstellung des
Internetanschlusses noch ein wenig dauere, daß sie aber schon jetzt und sofort günstig
über Otelo telefonieren könne.
Diesen Vertragspassus hatte sie in dem tags zuvor gefaxten Auftrag zwar nicht angekreuzt, weil
sie ja schon einen Telefonanschluß bei der Telekom hatte und nur einen neuen Internetanschluß
wollte. Aber wenn sie mit dieser neuen Firma auch noch günstiger telefonieren
konnte - bitte, gern. Das Formular für die Kündigung bei der Telekom hatte die Dame von
Otelo fürsorglich gleich beigefügt. Wann der neue Anschluß mit dem monatlichen Festpreis
freigeschaltet werde, so stand es im Vertrag, darüber werde sie gesondert benachrichtigt.
Am 2. August, zwei Monate nach Auftragserteilung, kam die ersehnte Benachrichtigung. Unter
dem Betreff Ihr Auftrag Otelo komplett und ihrer Kundennummer hieß es: Guten Tag Frau
Weinhold, die Umschaltung Ihres Anschlusses mit der Vorwahl 030 und den Rufnummern wird am 13.8. erfolgen. Um sicher sein zu können, daß die Umschaltung auch tatsächlich geklappt habe, möge sie ab 16 Uhr die Testrufnummer 0800/3 36 60 31 anrufen. Oma Weinhold tat, wie ihr aufgetragen. Und siehe da, als sie nach 16 Uhr die Testnummer angerufen
hatte, stand fest: Die Umstellung war gelungen.
Glaubte zumindest Oma Weinhold, glaubte auch ihr Schwiegersohn. Ab jetzt hieß das Motto:
Surfen, bis der Arzt kommt.
Stattdessen kam Mitte September die erste Rechnung. Aber nicht in Höhe der, wie Oma Weinhold
glaubte, vertraglich vereinbarten flatrate über 55,80 Euro. Man hatte ihr, Sekunde für
Sekunde, jeden einzelnen Aufenthalt im Internet berechnet - mit rund 110 Euro doppelt so viel,
wie sie meinte, vereinbart zu haben. Nix Flatrate.
Haben Sie noch Fragen?, fragte Otelo auf der ersten Seite der achtseitigen Rechnung. Klar hatte
Oma Weinhold Fragen. Sie bat ihren Schwiegersohn, den offenkundigen Irrtum beim Kundenservice
unter der Nummer 0800/ 7 57 10 00 aufzuklären. Dort meldete sich eine Frauenstimme:
Herzlich willkommen bei der Arcor-Kundenbetreuung für Privatkunden. Dann allerdings
dudelte Musik. Dann wieder die Frauenstimme: Bitte warten Sie noch einen Moment, wir stehen
Ihnen gleich zur Verfügung. Musik. Bitte haben Sie etwas Geduld. Wir verbinden Sie
schnellstmöglich weiter. Musik. Gleich verbinden wir Sie weiter. Bitte noch einen Moment
Geduld. Musik. Vielen Dank für Ihre Geduld. Unser Serviceteam nimmt Ihren Anruf gleich
entgegen. Nach 15 oder 20 Minuten Dudelservice meldete sich eine männliche Stimme: Was
kann ich für Sie tun?
OMA WEINHOLDS SCHWIEGERSOHN erklärte dem Mann das Problem: Flatrate bestellt, aber
eine Rechnung auf der Basis der tatsächlich im Internet verbrachten Zeit bekommen. Kein
Problem, sagte der Mann von der Telefonfirma, wenn eine Flatrate vereinbart sei, dann werde
das Geld selbstverständlich nicht von Oma Weinholds Konto abgebucht, sondern die Rechnung
werde korrigiert. Man könne beruhigt weitersurfen.
Das geschah auch - bis Mitte Oktober die nächste Rechnung kam. Statt 55,80 Euro diesmal
rund 135 Euro. Wieder rief der Schwiegersohn bei der Servicenummer an. Und wieder hörte er:
Kein Problem, es müsse sich um einen Irrtum handeln, die Rechnung werde korrigiert. Man
könne beruhigt weitersurfen.
Gesagt, getan. Bis Mitte November die nächste Rechnung kam. Statt 55,80 Euro diesmal 177
Euro. Und dann, vier Tage später, die Mahnung für die bisherigen Rechnungen, die eigentlich
hätten korrigiert werden sollen.
Wieder ein Anruf unter der Servicenummer. Doch diesmal bekam Oma Weinholds Schwiegersohn
eine ganz andere Auskunft: Die Oma habe gar keinen DSL-Anschluss, weil ein solcher Anschluß
in ihrem Wohngebiet in Berlin nicht möglich sei. Weil sie aber keinen DSL-Anschluss
habe, könne sie, auch wenn sie das beantragt hätte, keine Flatrate bekommen. So stünde
es auch im Vertrag.
Es steht tatsächlich dort: Aufgrund technischer Gegebenheiten kann Otelo die DSL-Zugangstechnik
nicht in jedem Anschlußgebiet zur Verfügung stellen. Für Otelo dsl flat wird in
diesen Anschlußgebieten der Internetzugang auf ISDN-Basis bereitgestellt, bis die DSL-Zugangstechnik
zur Verfügung steht. Ferner steht dort noch, wie alles andere ganz klein: Die
geplanten und erschlossenen Anschlußgebiete teilt mir Otelo auf Anfrage gerne mit.
EINE SOLCHE ANFRAGE zu stellen, auf diese Idee war Oma Weinhold nicht gekommen, nachdem
sie in einem Dankschreiben ausdrücklich zu ihrem Entschluß beglückwünscht
worden war, einen DSL-Anschluß mit fester Monatsmiete zu bestellen. Auch in der schriftlichen
Benachrichtigung, ihr Anschluß werde nun geschaltet, war mit keinem Wort davon die
Rede, daß es sich nicht um einen DSL-, sondern um einen ISDN-Anschluss handelte. Nicht
einmal bei den Beschwerdeanrufen ihres Schwiegersohnes hatten es die Mitarbeiter der Firma
für nötig befunden, die Kundin auf das Mißverständnis hinzuweisen.
Aus alledem zog Oma Weinhold den Schluß, daß die Firma Otelo, eine Tochter des Telefonkonzerns
Arcor, versucht hatte, sie über den Tisch zu ziehen. Wenn sie gewußt hätte,
schrieb sie der Firma in einem ausführlichen Beschwerdebrief, daß sie keinen Festpreis habe,
dann hätte sie angesichts ihrer schmalen Rente viel weniger gesurft. Sie betrachte das
Verhalten der Firma, die inzwischen in der Mutterfirma Arcor aufgegangen ist, als Betrugsversuch.
Die Antwort von Arcor: ein Achtzeiler mit der Empfehlung, den Vertrag mit der aufgelösten
Tochterfirma zu kündigen, und dem an Dreistigkeit nicht zu überbietenden Rat, bei Arcor
einen neuen DSL-Vertrag abzuschließen, obwohl Arcor einen solchen Anschluß im Wohngebiet
von Oma Weinhold mangels Anschlußmöglichkeit bis heute nicht zur Verfügung
stellen kann. Für den entstandenen Schaden von rund 450 Euro, teilte Arcor der Rentnerin mit,
erhalten Sie eine einmalige Kulanzgutschrift in Höhe von 32,47 Euro .
Ist Ihnen eigentlich klar, was für einen Unsinn Sie da zusammenschreiben? , antwortete die
Oma zornig. Wenn schon kein DSL-Festpreis, forderte die Oma energisch, dann wenigstens einen
ISDN-Festpreis. Als Zeichen ihres guten Willens beglich sie eine der reklamierten Rechnungen.
Die Antwort der Telefon-People von Arcor kam prompt: Sie sperrten der Oma das Telefon.
Das brachte die alte Dame endgültig auf die Palme. Sie schrieb, weil dessen Leserin, einen
Brandbrief an den Stern. Der wiederum wandte sich an die Kundendienstnummer 0800/7 57 10 00
und erlebte dies: Herzlich willkommen bei der Arcor-Kundenbetreuung für Privatkunden.
Dideldü dideldei dideldum. Zurzeit wird auf allen Leitungen gesprochen. Bitte haben Sie einen
Moment Geduld. Sie werden sofort mit dem nächsten freien Mitarbeiter verbunden. Dideldö
dideldum dideldei. Bitte warten Sie noch einen Moment, wir stehen Ihnen gleich zur Verfügung.
Dideldei dideldum dideldü. Bitte haben Sie etwas Geduld. Wir verbinden Sie schnellstmöglich
weiter. Nach etwa 20 Minuten kam - das Besetztzeichen.
NEUER VERSUCH. Nach abermals 18 Minuten meldet sich ein Herr H.: Pressestelle? , fragt Herr
H. erschrocken, da darf ich gar nichts sagen. Die Nummer der Zentrale? Darf er auch nicht.
Wenigstens den Ort, an dem sich die Zentrale befindet? Darf er ebenfalls nicht verraten. Während
des Gesprächs blättert er in seinen Dienstvorschriften und findet dies: Bei Anrufen der
Presse an die Nummer 02 21/8 08
22 22 verweisen! Das ist, wie sich herausstellt, der Werkschutz, Frau F. Mit der Pressestelle
verbinden kann sie leider nicht, weil ihr Telefon auf Handy umgestellt ist und sie sich gerade auf
der Autobahn zwischen Düsseldorf und Köln befindet. Man möge doch die Zentrale
anrufen: 02 21/80 80.
Anruf dort: Herzlich willkommen bei Arcor in Köln. Düdeldi düdeldei. Wir sind gleich
für Sie da. Düdeldum düdeldei. Niemand meldet sich. In den nervtötenden Warteschleifen
der Firma Arcor wird zwischen all dem Düdeldei immer wieder mal auf die schnelle Nummer
1 18 88 hingewiesen, die Auskunft der Firma. Anruf dort mit der Bitte um die Nummer der
Zentrale. Die schnelle Antwort: 02 21/80 80. Das hatten wir schon: Herzlich willkommen bei
Arcor in Köln. Düdeldü usw.
DIE ZENTRALE VON ARCOR ist weder in Köln, wie es die schnelle Nummer von Arcor sagt.
Sie ist auch nicht in Willich, wie es das Bestätigungsschreiben für Oma Weinholds DSL-Auftrag
vermuten lässt. Sie ist nicht in Bamberg, wie es in einem anderen Schreiben steht. Sie
ist nicht in Essen, wo man bei der Servicenummer warten muß, bis einem die Ohren schwarz
werden. Die Zentrale, deren Rufnummer in keiner Kundenkorrespondenz auftaucht, damit dort
kein Kunde stören kann, liegt in Hessen. Dort allerdings ist Arcor-Chef Harald S. nicht
zu sprechen, als der stern von ihm wissen möchte, was er zum Fall der Oma Weinhold zu
sagen habe.
Auch die Pressestelle tut sich schwer. Zunächst weist die Leiterin Kommunikation, Barbara
K., schriftlich darauf hin, daß Oma Weinhold eine Kulanzgutschrift über 32,47 Euro
bekommen habe, auch wenn wir hierzu rechtlich nicht verpflichtet sind . Als der stern trotz
dieser großherzigen Gutschrift - Oma Weinholds Schaden lag bei 450 Euro - wissen möchte,
warum der alten Dame nicht gesagt worden ist, daß man in ihrem Wohnblock gar keinen DSL-Anschluß
einrichten kann, erklärt die Pressestelle nach einwöchigem Nachdenken: Nach
nochmaliger Prüfung möchten wir der Kundin eine weitere Kulanzgutschrift über 250
Euro geben.
Weil mit einfachen Telefonkunden kaum noch etwas zu verdienen ist, stürzen sich jetzt alle
Firmen aufs Internet, insbesondere auf die schnellen DSL-Anschlüsse. Da ist zwar noch Geld
zu holen, aber nur, wenn man so schnell wie möglich Kunden an sich bindet - auch solche, bei
denen noch gar kein Anschluß möglich ist. Siehe Oma Weinhold.
Den Kopf hinhalten für Arcor-Chef Harald S., der partout nichts zu dem Fall sagen
will, muß Doktor Ingo N.. Er ist Geschäftsführer bei der Arcor-Tochter MCO Customer
Operations GmbH, einem Call-Center mit 1100 Mitarbeitern hinter dem Hauptbahnhof in
Essen.
Daß man bei seinem Kundenservice mitunter mehr als 20 Minuten vergebens an der Strippe
hängt, bestreitet er energisch. Die Vision (ausgesprochen: Wischn) sei eine 80-prozentige
Erreichbarkeit innerhalb von 20 Sekunden, sagt der Doktor. Das könne er mit einem Mystery-Call
beweisen. Mystery-Call? Doktor N. lacht: Testanrufe. Wir sind eine junge Branche, wir
benutzen viele Anglizismen.
Doktor N. greift zum Telefon und ruft beim Call-Center im Hause an: Herzlich willkommen
bei der Arcor-Kundenbetreuung für Privatkunden, tönt es, und dann: Dideldü dideldö
dideldum. Zurzeit wird auf allen Leitungen gesprochen. Bitte haben Sie einen Moment Geduld.
Sie werden sofort mit dem nächsten freien Mitarbeiter verbunden. Dideldum dideldö. Seine
Mitarbeiter hätten, sagt Doktor N., alle eine kaufmännische Ausbildung und ein Studium
an der Call Center Akademie in Essen. Dideldü dideldö. Bitte warten Sie noch einen Moment.
Wir stehen Ihnen gleich zur Verfügung. Dideldum dideldei. Außerdem, sagt Doktor
N., während sein Blick über das Ziffernblatt seiner Armbanduhr fliegt, haben alle eine
sechswöchige Spezialausbildung hier im Hause. Dideldum. Bitte warten Sie noch einen Moment.
Wir stehen Ihnen gleich zur Verfügung. Dideldei.
Doktor N. erzählt uns dies nicht nur, um von der Wartezeit abzulenken, die jetzt schon
deutlich in den Mehrere-Minuten-Bereich überwechselt, sondern auch, weil der stern telefonisch
im Kundenservice herumgefragt hatte und wissen wollte, was eigentlich die Abkürzung
DSL bedeutet. Keiner der Mitarbeiter hat es gewußt. Dideldum. Bitte haben Sie noch
etwas Geduld. Wir verbinden Sie schnellstmöglich weiter. Daß eine Mitarbeiterin auf die
Frage, was die Abkürzung KB bedeute, Kubikmeter gesagt hat, will der 44-jährige Doktor
der Juristerei gleich gar nicht glauben. Dideldum. Gleich verbinden wir Sie weiter. Bitte noch
einen Moment Geduld. Dideldö. Doktor N.s Wischn mit den 20 Sekunden Wartezeit ist
eine Vision geblieben, eine Wunschvorstellung.
Abteilungsleiterin dieses Call-Centers ist Ute S., 31, Staatsexamina in Germanistik und Sozialwissenschaften.
Unter ihrem Kommando quasseln 206 Agents. Gereiztheit hängt in der
Luft. Viele Anrufer sind stinkig, wenn sie nach endlosem Gedudel endlich an die Reihe kommen.
Man hört Satzfetzen heraus wie Schreien Sie mich nicht an oder Beruhigen Sie sich.
Beiläufig fragen wir auch die Abteilungsleiterin Ute S., was denn die Abkürzung DSL bedeutet
- das Goldene Kalb, um das sich in dieser Branche zurzeit alles dreht. Sie weiß es nicht.
Ist auch egal. Hauptsache, der Kunde zahlt, ob er nun einem Irrtum aufgesessen ist oder, wie
Oma Weinhold der Firma Arcor bis heute unwidersprochen vorwirft, einem Betrugsversuch.
DSL heißt Digital Subscriber Line und bedeutet schlicht und einfach: digitaler Abo-Anschluß.
Wäre Oma Weinhold von vornherein darüber aufgeklärt worden, daß Arcor beziehungsweise
deren Tochterfirma Otelo ihr den angebotenen DSL-Anschluss gar nicht bieten konnte,
dann hätte Arcor sie gar nicht erst an der Angel gehabt. Und keiner hätte ihr das Telefon
gesperrt.
IN OMA WEINHOLDS FALL, so bedauert Doktor N., sei leider der erste - gefaxte - Auftrag
ins System gestellt worden. Als man dann den zweiten, mit der Post geschickten Vertrag hätte
eingeben wollen, habe das System wegen der vorangegangenen Eingabe diese Daten nicht mehr
angenommen, und deshalb sei nicht bemerkt worden, daß die Oma eine Flatrate haben wollte.
Und warum merkt Arcor diesen angeblichen Fehler erst jetzt, seit eine Veröffentlichung im
Stern droht? Statt einer Antwort hält Doktor N. schützend einen Brief vor sich, der
seinem Konzern nach nunmehr acht Wochen als Antwort auf Oma Weinholds letzten Beschwerdebrief
geglückt ist: Da es zu Fehlinterpretationen der Auftragsbestätigung gekommen ist,
möchten wir Ihnen eine Kulanzgutschrift in Höhe von 446,48 Euro brutto erteilen - genau
jener Betrag, um den Oma Weinhold sich betrogen fühlte.
Ob es weitere Hunderte, Tausende oder gar Zehntausende Kunden gibt, die durch Fehlinterpretationen
an den Angelhaken der Firma Arcor geraten sind? Doktor N. sagt nicht nein, er sagt
nicht ja. Obwohl er es kraft seines Amtes eigentlich wissen müßte, sagt er: Ich glaube nicht.
Sollte außer Oma Weinhold sonst noch jemand einem Mißverständnis mit der Firma Arcor
aufgesessen sein - hier ist eine Telefonnummer, hinter der keine Warteschleife lauert. Es ist die
Nummer der Arcor-Konzernzentrale in Eschborn bei Frankfurt. Sie lautet 069/2 16 90.
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